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Bioverträglichkeit

Vitaminreiche Ernährung, Fitness und Entspannung: Die meisten Menschen legen heute viel Wert auf eine gesundheitsbewusste Lebensweise. Umso kritischer wird nachgefragt, welche medizinischen Materialien für den Einsatz im Körper – beispielsweise im Mund – geeignet sind. Gerade weil immer mehr Menschen unter Allergien leiden, stellt sich bei Füllungen und Zahnersatz, die viele Jahre lang im Mund bleiben, die Frage nach der dauerhaften Bioverträglichkeit der verwendeten Werkstoffe. Doch was bedeutet eigentlich „bioverträglich“?

„Ein Material ist dann bioverträglich, wenn es sich im Körper neutral verhält, also wenn es keine allergischen oder gar toxischen (giftigen) Reaktionen auslöst – auch nicht nach Jahren“, erklärt Dr. M. Oliver Ahlers, ProDente-Experte und Oberarzt am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Für Werkstoffe in der Zahnmedizin ging es dabei bisher vor allem um die Korrosionsbeständigkeit.

Alle Materialien sind im Mund durch den sauren Speichel oder den Abrieb beim Kauen mehr oder weniger stark löslich. Als bioverträglich gelten sie nur, wenn so minimale Mengen in Lösung gehen, dass diese auch langfristig  keine negativen Auswirkungen haben. Diese Mundbeständigkeit ist gleich von mehreren Faktoren abhängig:

  • von der Zusammensetzung des Materials
  • vom Herstellungsverfahren
  • der korrekten Verarbeitung durch Zahntechniker und -arzt  und
  • von den Bedingungen im Mund, vor allem von der Zusammensetzung des Speichels.

Keramik und Titan sind am besten verträglich

„Mit Abstand an der Spitze der Bioverträglichkeit der in der Zahnmedizin verwendeten Materialien liegen Titan und Keramik“, so Dr. Ahlers. Titan ist der einzige Werkstoff aus Reinmetall. Er ist außergewöhnlich gut verträglich und absolut neutral. Neben seiner Korrosionsbeständigkeit ist Titan zudem ein Material, das sich vor allem durch sein geringes allergenes Potenzial auszeichnet: Bisher wurden praktisch keinerlei allergische Reaktionen gegen Titan als medizinischen Werkstoff beobachtet. Titan wird vor allem für Implantate eingesetzt.

Ebenfalls ausgezeichnet bioverträglich sind die verschiedenen Keramikwerkstoffe. Sie besitzen von Natur aus eine so geringe Löslichkeit, dass sie für die Verwendung im Mund bestens geeignet sind – das belegen auch positive Langzeiterfahrungen. Kombiniert mit  ihren optischen Vorzügen ist Keramik eine ästhetisch ansprechende und sehr gut verträgliche Lösung für Kronen, Brücken und Inlays.

Ein für Gussrestaurationen häufig benutzter Werkstoff ist Gold – allerdings kein reines Gold, denn das ist viel zu weich. In der Zahnmedizin kommen Legierungen, also Mischungen aus Gold und anderen Metallen, zum Einsatz. „Genau von diesen anderen Bestandteilen sowie der korrekten zahntechnischen Verarbeitung hängt neben der Haltbarkeit auch die Bioverträglichkeit einer Goldlegierung ab“, erläutert Dr. Ahlers.  Für besondere Anwendungen in der Zahnerhaltung wird heute oftmals reines Blattgold in Form sogenannter Goldhämmerfüllungen eingesetzt. Das hierbei eingesetzte reine Gold ist ebenfalls besonders biokompatibel. Allerdings ist diese Technik nur für sehr kleine Defekte geeignet.

Billig-Legierungen sind kritisch

Günstige Spar- oder Billig-Legierungen für den Zahnersatz sollte man genau unter die Lupe nehmen. Bestimmte Zusammensetzungen sind für den dauerhaften Einsatz im Mund ungeeignet. Bei rund 700 verschiedenen in Deutschland angebotenen Goldlegierungen fällt der Überblick aber schwer. „Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte vor der Behandlung das Gespräch mit dem Zahnarzt suchen“, rät Dr. Ahlers. Der Zahnarzt kann den Patienten über die Zusammensetzung der Legierungen informieren, die sein Zahntechniker verwendet, bekannte Allergien erfragen und so zu dem am besten geeigneten Material finden.

Patienten schätzen Verträglichkeit

Zahnersatz bleibt über viele Jahre, manchmal über Jahrzehnte in der Mundhöhle. Daher spielt die Verträglichkeit des eingesetzten Materials eine entscheidende Rolle, wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag von proDente zeigt. Fast 40 Prozent der Befragten halten die Verträglichkeit von Zahnersatz für die wichtigste Materialeigenschaft, noch vor der Haltbarkeit und der Ästhetik.

Das optische Erscheinungsbild des Zahnersatzes hat also keine so große Bedeutung wie die Verträglichkeit. Laut Umfrage halten es nur 11 Prozent der Befragten für die wichtigste Eigenschaft. Keramik ist ein Material, das diese beiden Eigenschaften zugleich besitzt.

Keramik – ein besonders verträgliches Material

Keramik ist ein gut verträgliches Material, Allergien gegen diesen Stoff oder Wechselwirkungen mit anderen Materialien sind bisher nicht bekannt. Das liegt vor allem daran, dass Keramik so gut wie gar nicht auf ihre Umgebung reagiert. Ein weiterer Vorteil der Keramik: die geringe Temperaturleitfähigkeit. Rein metallische Kronen oder Brücken können den Schluck heißen Kaffee schon mal auf den darunterliegenden Zahnstumpf übertragen und einen kurzen Schmerzreiz auslösen. Keramikoberflächen sind zudem sehr homogen und glatt, daher können sich Beläge dort weniger gut anheften.

Gerne metallfrei

Der Wunsch vieler Patienten nach metallfreiem Zahnersatz ist nicht neu. Haben sich doch oft über Jahrzehnte die unterschiedlichsten Materialien in der Mundhöhle angesammelt: Amalgamfüllungen, Goldinlays und verschiedene metallische Legierungen in Form von Kronen und Brücken. Alle diese Materialien halten dem Kaudruck stand und bleiben über viele Jahre stabil.

Für sich genommen sind sie alle gut verträglich. Vereinzelt kann es aber zwischen den unterschiedlichen Metallen über den verbindenden Speichel doch zu Wechselwirkungen wie zum Beispiel elektrischen Spannungen kommen, insbesondere dann, wenn die Metalle sich in direkter Nachbarschaft befinden oder es unterschiedliche Metallarten sind. Zahnersatz aus Vollkeramik schafft hier Abhilfe. Mittlerweile können viele Schäden an einzelnen Zähnen oder Zahnlücken mit dentalen Keramiken behandelt werden.

Keramik – Potenzial und Grenzen

Waren es vor 10 bis 15 Jahren vorwiegend einzelne Zähne, die mit Vollkeramikkronen oder Inlays versorgt wurden, können heute Brücken vollständig aus Keramik gefertigt werden. Beim implantatgetragenen Zahnersatz greifen Zahntechniker ebenfalls auf die modernen Keramiken zurück. Doch trotz der vielen Möglichkeiten, dentale Keramiken einzusetzen, gibt es Grenzen. Beim Kombinationszahnersatz beispielsweise kann der herausnehmbare Teil – also die Prothese – nicht rein aus Keramik gefertigt werden. Beim festsitzenden Teil versorgen Zahntechniker die Pfeilerzähne bereits heute in manchen Fällen mit keramischen Käppchen.

Große, abnehmbare Brücken, die auf wenigen Pfeilern gelagert einen ganzen Zahnbogen ersetzen, erfordern ebenso ein metallisches Gerüst. Trotz der enormen Fortschritte bei der Biegefestigkeit reichen die Werte der Oxidkeramiken nicht an die Eigenschaften von Metall heran. Bei Prothesen greifen Zahntechniker meistens auf Kunststoffzähne zurück. Kommt es zu Schäden an den Kunststoffzähnen, sind diese leichter zu reparieren als bei keramischen Prothesenzähnen.

Der Zahnarzt kann zusammen mit dem Zahntechniker am besten einschätzen, welches Material im individuellen Fall empfehlenswert ist und seine Patienten dahingehend beraten.

(© Initiative proDente e.V.)